Pieter Bruegel der Ältere um 1525/30 - 1569
tätig in Antwerpen und Brüssel
"Jäger im Schnee (Winter)" (1565)
Wien, Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums, Inv. Nr. 1838

Unsere Kenntnis von Pieter Bruegel, dessen Werke heute zu den berühmtesten Bildern der Welt zählen, beruht auf einigen spärlichen schriftlichen Zeugnissen, Urkunden und Briefen, vor allem aber auf der Biographie, die Karel van Mander, für sein 1604 erschienenes "Schilder-Boeck" verfaßte und die lange als hervorragende und verläßliche Quelle galt, bis man nach und nach anstelle des Tatsachenberichts die kunstvolle literarische Form erkannte, die das Leben des Künstlers seinem Werk nachbildet. Hier hat die schon seit langem durchschaute Fiktion der bäuerlichen Herkunft des Künstlers ihren Ursprung: nur dadurch, glaubt van Mander, wird der "Bauern-Bruegel" als Maler bäuerlicher Szenen authentisch. So entsteht das Bild eines im Leben wie in seiner Kunst zu Späßen aufgelegten Malers, der vor allem das niedere Genre in trefflichem Realismus wiederzugeben wußte.

In Wahrheit war Bruegel aber ein humanistisch gebildeter Künstler, der sich länger in Rom aufhielt und den Reisen bis in den Süden Italiens führten, der mit Gelehrten und der zeitgenössischen gesellschaftlichen Elite Umgang pflegte, die seine Werke schätzten und sammelten.

Neben den bäuerlichen Szenen hob van Mander besonders die Landschaften im Werk Pieter Bruegels hervor und rühmte ihren hohen Realitätsgrad. Hier ist die ursprünglich sechs Tafeln umfassende Serie der "Zeiten des Jahrs" (nicht zwölf wie früher angenommen), gemalt 1565/66, die den Lauf des Jahres darstellt, sein größtes Werk. Es sind der "Düstere Tag" (Kunsthistorisches Museum Wien), der den Vorfrühling darstellt, ein schon seit dem 17. Jahrhundert verlorenes Frühlingsbild, die "Heuernte" (Slg. Lobkowitz, Nelahozeves) für den Frühsommer, die "Kornernte" (Metropolitan Museum, New York) für den Hochsommer, die "Heimkehr der Herde" für den Herbst und die "Jäger im Schnee" für den tiefen Winter (beide im Kunsthistorischen Museum, Wien). In der ursprünglichen Anordnung als friesartiges Band in rhythmisch farbiger Abfolge zu denken, ist doch jedes Bild in sich abgeschlossen und erfaßt das Wesentliche einer Jahreszeit als Einheit von unberührter Natur und von menschlicher Tätigkeit geformter Kulturlandschaft. Bruegel hat hier in großartiger Weise die flämische Tradition der Kalenderillustration gesprengt und an Wahrheit und Wesenstiefe unübertroffene Darstellungen von Natur und Mensch geschaffen. Nicht mehr die Monatsarbeiten sind das Thema, sondern der zyklische Wandel der Natur, der typische Ausdruck der jeweiligen Jahreszeit in ihrer charakteristischen farblichen Atmosphäre. Trotz scheinbar topographisch getreuer Realitätsnähe sind die Landschaften "Kompositionen” und nicht lokalisierbar im Sinne einer individuellen Örtlichkeit.

Das berühmteste Bild der ganzen Serie, die "Jäger im Schnee" steht im Gesamtzyklus nicht wie früher angenommen am Anfang, sondern am Ende. Die Jäger schreiten ins Bild hinab und aus ihm hinaus, der Jahreszeitenlauf ist beendet. Vermummt wie die Jäger ist auch die in Schnee gehüllte kältestarrende Landschaft. Das Wirtshausschild mit dem Hl. Hubertus hängt schief, vielleicht Anspielung auf das magere Jagdglück. Davor brennt ein Strohfeuer, worin man geschlachtete Schweine zu sengen pflegte. In ihrer idealtypischen Kraft und Einprägsamkeit wurde die Landschaft zum Inbegriff des Winterbildes schlechthin.

Karl Schütz