JAKOB JORDAENS (Antwerpen 1593 1678 Antwerpen)
“Fest des Bohnenkönigs” vor 1656,
Leinwand; H 242 cm, B 300 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie Inv. Nr. 786

Jordaens war, neben von Dyck, der einzige der zahlreichen flämischen Maler, dem es glückte, über eine Assimilierung der neuen Kunst, die Rubens geschaffen hatte, hinauszugehen und eine unverwechselbar eigenständige Malerei hervorzubringen. Zweifellos sind auch Jordaens´ vor Vitalität überschäumende Gemälde ohne das Vorbild Rubens´ undenkbar. Ist jedoch bei Rubens die sinnlich gesteigerte Lebensfülle stets überhöht und im klassischen Sinn idealisiert, schlägt Jordaens den beim großen Meister ansatzweise vorgezeichneten Weg in Richtung der Wiedergabe einer prallen, oft burlesken Wirklichkeit ein.

Seine temperamentvolle und saftige Sicht des derb-heftig Volkstümlichen ließen ihn zum Inbegriff „flämischer Sinnenfreude“ werden. Anders als Rubens, dessen unmittelbare Lebensbeobachtung meist in religiöse oder mythologische Zusammenhänge eingebunden ist, malt Jordaens auch Genrebilder. Der Bohnenkönig steht in der Tradition der seit Bruegel in Flandern beliebten, bewegten Szenen von Schenken, Kirmes und ausartenden Mahlzeiten. Bei der Wiener Version handelt es sich um die vierte, die späteste Fassung der oft wiederholten Komposition, die der Maler für dieses Thema fand.

Wie auch oft bei Werken von Rubens zu beobachten, erweiterte Jordaens im Zug der Arbeit das anfänglich kleiner konzipierte Gemälde zur reichsten und ausladensten Schilderung des Volksbrauchs von Dreikönigstag: der Finder der in einen Kuchen eingebackenen Bohne wird zum König des Festes, die schönste Frau zur Königin, die Tafelrunde zu seinem Hofstaat, dessen einzige Ämter in diesem Fall kleine Zettelchen benennen. Mit überquellender Üppichkeit malt Jordaens das ausgelassene Beisammensein. Trinkend und grölend drängten sich Alt und Jung, Männer und Frauen in einem das Bild zu sprengen scheinenden Bewegungsreichtum zum Genuß.

Maßlos und wüst das Treiben in der von schlechter Luft geschwängerten Stube: jedoch Durcheinander und Chaos sind nur scheinbar, denn wohlausgewogen und streng ist die fast symmetrische Komposition. Durch das Fenster flutendes, weiches Licht verleiht der dichtgedrängten Szene nicht nur menschliche Wärme und Intimität, sondern ordnet gruppierend die lärmende Gesellschaft, über der in lateinischer Sprache als Moral zu lesen ist: „keiner ist dem Narren ähnlicher als der Betrunkene.“

Gabriele Helke
(aus: Kunsthistorisches Museum Wien, Führer durch die Sammlungen, Verlag Christian Brandstätter Wien 1988)