Jacopo ROBUSTI, genannt TINTORETTO (Venedig 1518 – 1594)
"Susanna im Bade" (um 1555)
Öl auf Leinwand, 146 x 193,6 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Inv. Nr. 1530

Von den drei großen Malern des venezianischen Cinquecento war Tintoretto der einzige, der in Venedig selbst geboren wurde. Tizian hingegen kam aus dem kleinen Pieve di Cadore am Rand der Alpen, Veronese aus Verona. Tintoretto verbrachte sein gesamtes Leben in seiner Heimatstadt, der er immer verbunden blieb.

Er stammte aus handwerklicher Umgebung, nach dem Beruf seines Vaters, eines Färbers, erhielt seinen Beinamen Tintoretto, was „der kleine Färber“ bedeutet. Nach einigen Quellen war er in seiner Jugend für kurze Zeit Schüler Tizians, aber er band sich nie an das Vorbild nur eines Künstlers, sondern wurde von verschiedenen Malern beeinflußt, wie von Bonifazio, Pordenone, aber auch von Michelangelo. Er übernahm von seinem Altersgenossen Schiavone die freie Offenheit der Malerei und dem jüngeren Veronese den meisterhaften Einsatz von Licht und Farbe. Tintoretto schuf eine Unzahl von Werken vor allem für venezianische Auftraggeber, sowohl für Kirchen, wie für private Besteller, in seinen späteren Jahren auch im offiziellen Auftrag des venezianischen Staates.

Charakteristisch für seine Bilder ist die Fähigkeit, überzeugend eine Handlung durch Dynamisierung des Bildraums wiederzugeben, durch Licht, Farbe und kühne Hell-Dunkel Effekte Räumlichkeit und Spannung zu erzeugen, Körper durch heftige Bewegung, Torsionen und ungewöhnliche Verkürzungen darzustellen, Effekte die im allgemeinen als Merkmale des Manierismus definiert werden. Charakteristisch für seine Bilder ist die Fähigkeit, überzeugend eine Handlung durch Dynamisierung des Bildraums wiederzugeben, durch Licht, Farbe und kühne Hell-Dunkel Effekte Räumlichkeit und Spannung zu erzeugen, Körper durch heftige Bewegung, Torsionen und ungewöhnliche Verkürzungen darzustellen, Effekte die im allgemeinen als Merkmale des Manierismus definiert werden.

Im Gegensatz zu Werken wie dem umfangreichen Zyklus der malerischen Ausstattung der Scuola di San Rocco, welche die Eigentümlichkeit der Malerei Tintorettos in besonders charakteristischer Form zeigen, weicht die Darstellung der Susanna im Bade mit dem klar gezeichneten und scharf konturierten großen, gleichmäßig hell beleuchteten Körper der Hauptfigur deutlich von der üblichen Form der Malerei des Künstlers ab. Die eben dem stillen Wasser entsteigende Frauenfigur ist das Hauptmotiv, das den Blick des Betrachters als erstes anzieht.

Tintoretto hat die biblische Erzählung der keuschen Susanne am Höhepunkt der Spannung erzählt.
Im Buch Daniel des Alten Testaments wird von Jojakim, einem reichen Juden in Babylon und seiner überaus schönen und tugendhaften Frau Susanne erzählt. Er besaß ein großes Haus mit einem Garten, in dem die Juden zusammenkamen und wo von den beiden Ältesten Recht gesprochen wurde. Wenn sich um die Mittagszeit alle aus dem Garten entfernt hatten, kam Susanna regelmäßig, um spazieren zu gehen und zu baden. Die beiden Alten sahen und begehrten sie, dann verabredeten sie sich, um Susanna nachzustellen. An einem heißen Tag kam Susanna um zu baden, sie schickte ihre Mägde weg und ließ das Gartentor verriegeln. Niemand war dort außer den beiden Alten, die sich versteckt hielten. Sie liefen zu Susanna und sagten: Niemand sieht uns, wir brennen vor Verlangen nach dir, sei uns zu willen. Wenn du dich weigerst, werden wir dich verklagen, daß ein junger Mann bei dir war und du deshalb die Mägde weggeschickt hast. Da erkannte Susanna ihre ausweglose Situation und dachte, es ist besser es nicht zu tun, als zu sündigen. Sie schrie laut und alle eilten herbei um zu sehen, was geschehen war. Am nächsten Tag erhoben die beiden Alten Anklage gegen Susanna, sie wurde für schuldig befunden und zum Tod verurteilt. Der junge Daniel erkannte als einziger ihre Unschuld, er befragte die beiden Alten einzeln, sie machten widersprüchliche Angaben, unter welchem Baum des Gartens sie Susanna mit ihrem Liebhaber ertappt hätten und entlarvten sich damit selbst als Lügner. Susanna war rehabilitiert, die beiden Alten hingegen wurden hingerichtet.

Tintoretto stellt dar, wie die beiden Alten Susanna beim Bade hinter einer Hecke belauern und beobachten. Der eine kriecht am Boden, seinen roten Mantel hinter sich herziehend, der andere erscheint als kleine Figur am hinteren Ende der perspektivisch stark verkürzten Hecke. Susanna hat sie noch nicht entdeckt und ist in die Betrachtung ihres Spiegelbilds versunken. Tintoretto macht die Szene zu einer Darstellung des Sehens und des Gesehenwerdens. Der Betrachter wird in dieses Spiel mit einbezogen, indem er selbst die sich unbeobachtet Glaubende und die Beobachter beobachtet, er wird in einem Bild, das den Voyeurismus zum Thema hat, selbst zum Voyeur.

Susanna und der sich am Boden wälzende Alte im Vordergrund scheinen sich gegenseitig zu fixieren, jedoch, Susanna blickt an ihm vorbei in den Spiegel, er erblickt nicht sie selbst, sondern ihr Spiegelbild, das die ruhige Wasserfläche zurückwirft. Mit dem Spiegel, seit altersher Attribut der leeren Eitelkeit und dem Stilleben der Accessoires, die vor Susanna ausgebreitet sind, Kamm, Salbgefäß, Schmuckstücken und spitzenbesetzter Wäsche, ändert Tintoretto die ursprüngliche Bedeutung der biblischen Erzählung: nicht eine tugendhafte Susanna wird uns vor Augen geführt, sondern eine Venus, eine antike Liebesgöttin, die unser Begehren wecken soll.

Das Bild wurde immer als eines der malerischen Hauptwerke Tintorettos gesehen. Zum ersten Mal ausdrücklich erwähnt findet es sich 1646 in den Meraviglie dell’Arte von Ridolfi, einer Beschreibung de venezianischen Kunstschätze. Das Bild befand sich damals in der Sammlung des Malers Niccolo Renier, der auch als Kunsthändler aktiv war. Viele Bilder seiner Sammlung kamen über den Duke of Hamilton und die in den Niederlanden angelegte Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms in die kaiserliche Galerie. Die Susanna von Tintoretto ist hier allerdings erst seit 1824 nachweisbar.

Karl Schütz